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Lieferzeitangabe “innerhalb 24 Stunden” muss in Adwords-Werbung nicht weiter erläutert werden (OLG Hamm, Urteil vom 04.06.2009, Az. 4 U 19/09)

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Ob Werbeaussagen wettbewerbswidrig sind, unterliegt eigentlich immer einer Einzelfallbetrachtung. Für Internethändler positiv ist, dass sich der Verbraucherbegriff des Bundesgerichtshofes hinsichtlich seiner Erkenntnisfähigkeit gewandelt hat. Der aufmerksame und aufgeklärte Verbraucher wird in den Vordergrund gestellt und nicht unbedingt der “dümmste anzunehmende Verbraucher”.

Interessant ist eine Entscheidung des OLG Hamm vom 04.06.2009, Az. 4 U 19/09. Es ging um eine Werbung bei Google-Adwords mit dem Inhalt:

“Original-Druckerpatronen

innerhalb 24 Stunden

günstig-schnell-zuverlässig”

Über den Link wurde darauf hingewiesen, dass Artikel, die bis 16.45 Uhr bestellt werden, noch am gleichen Tag in den Versand gelangen und in der Regel am nächsten Tag (Montag bis Samstag) beim Kunden sind.

Das OLG Hamm hat diese Aussage jedoch nicht als wettbewerbswidrig angesehen.

Die schlagwortartigen Werbeaussagen zur Lieferung “innerhalb 24 Stunden” ist aber keine irreführende Angabe im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.. Dabei kommt es darauf an, wie die angesprochenen Verbraucher, die im Internet Druckerpatronen kaufen wollen, die Werbeaussage verstehen. Zwar mag ein Teil der Verbraucher Erfahrungen mit dem 24-Stunden-Lieferservice anderer Unternehmen gemacht haben und daher wissen, dass es wegen der erforderlichen Lieferung durch Versandunternehmen in der Regel zu zeitlichen Beschränkungen kommen muss. Diese Verbraucher können sich dann denken, dass die Angabe wegen des begrenzten Platzes unvollständig ist und sie weitere Einzelheiten im Internetauftritt der Antragsgegnerin erfahren. Der durchschnittlich aufmerksame und interessierte Verbraucher, auf den es ankommt, mag auch ohnehin wissen, dass am Sonntag nicht geliefert wird. Das ändert aber nichts daran, dass die Herausstellung der Lieferung innerhalb 24 Stunden ohne “wenn und aber” Verbrauchern wie eine Garantie erscheint, die den besonderen Vorzug des Angebotes von “(URL)” bilden könnte. Jedenfalls ein nicht unmaßgeblicher Teil der angesprochenen Verbraucher nimmt den eindeutigen Wortlaut für bare Münze und entnimmt der beanstandeten Aussage deshalb, dass es in allen Fällen zu einer Lieferung innerhalb 24 Stunden kommt, insbesondere auch, wenn er am frühen Abend bestellt. Dieser Eindruck ist aber schon deshalb unrichtig, weil die Lieferung innerhalb 24 Stunden nach den eigenen Angaben auf der Startseite der Antragsgegnerin voraussetzt, dass die Bestellung bis 16.45 Uhr erfolgt. Diese Unrichtigkeit ist auch nicht zwangsläufige medienbedingte Folge des zur Verfügung stehenden Zeilenangebots, denn die Antragsgegnerin hätte Angaben zu Lieferzeiten auch in knapper Form so formulieren können, dass eine solche Fehlvorstellung bei einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher nicht hätte entstehen können. Auch ein beengter Raum kann keinen Freibrief für eine irreführende Werbung geben.

Die so bewirkte Fehlvorstellung reicht aber für die Annahme einer Irreführung nicht aus, weil die Verbraucher bei dem Link auf der Startseite der Antragsgegnerin sofort von der maßgeblichen Einschränkung der erforderlichen Bestellung bis 16.45 Uhr erfahren, also nachträglich aufgeklärt werden. Regelmäßig reicht es zwar für die Gefahr einer Irreführung aus, wenn sich der Verkehr als Folge der unrichtigen Angabe überhaupt erst und näher mit dem Angebot des Werbenden befasst. Aufklärende Hinweise in einem nachfolgenden Werbetext können die durch gesonderte Werbeaussagen eingetretene Irreführung im Hinblick auf die missbilligte Anlockwirkung in der Regel dann nicht mehr beseitigen. Diese für die herkömmlichen Werbeformen aufgestellten Grundsätze können allerdings für den hier vorliegenden Fall der Werbung bei … nicht übernommen werden. Denn die verknappte schlagwortartige Werbung bei Google steht in einem kaum trennbaren Zusammenhang mit der klarstellenden Werbeaussage auf der Startseite der Antragsgegnerin, auf die der Verbraucher stets gelangt, wenn er sich näher auf das Angebot einlassen will. Dort erfährt er sofort in nicht zu übersehender Weise die Einschränkung und wird in der erforderlichen Weise aufgeklärt, bevor er eine Kaufentscheidung treffen kann. Der Fall kann nicht anders behandelt werden als der Fall einer Blickfangwerbung. Die Werbung der Antragsgegnerin bei … ist hier aber keine dreiste Lüge, sondern vielmehr ein Fall, in dem in der schlagwortartigen Aufmerksamkeitswerbung nur die halbe Wahrheit mitgeteilt wird. In einem solchen Fall scheidet eine Irrführung schon dann aus, wenn der Betrachter durch einen deutlichen Sternchenhinweis zu dem aufklärenden Hinweis geführt wird. Hier wird für Interessenten an Druckerpatronen bei Google besonders herausgestellt, dass binnen 24 Stunden geliefert wird. Die Einschränkung, dass die Bestellung Dann aber bis 16.45 Uhr erfolgen muss, wird dagegen erst im eigenen Internetauftritt mitgeteilt. Zu dem aufklärenden Hinweis wird der Verbraucher zwar nicht per Sternchenhinweis geführt, aber mit einem Link, den er benutzen muss, um näheres über das Angebot zu erfahren, den er somit nicht zwangsläufig benutzen muss. Es bleibt somit nur die Anlockwirkung, dass ein Teil der Verbraucher die Startseite der Antragsgegnerin aufsucht, der es sonst nicht getan hätte. Diese Wirkung ist aber nicht damit zu vergleichen, dass ein Interessent durch eine unrichtige Werbeaussage in das Geschäft des Werbenden gelockt wird. So sekundenschnell, wie der Internetnutzer zu der Startseite gelangt ist, verlässt er sie auch wieder, wenn er erkennt, dass eine solche Lieferzeit ihm nichts nutzt. In der Tatsache, dass er die Seite überhaupt angesehen hat, ist in der flüchtigen Welt des Internets kein nur annähernd  vergleichbarer Wettbewerbsvorteil zu sehen wie beim Locken in ein Geschäft. Es ist in diesem Fall unwahrscheinlich, dass der Kaufinteressent nur deshalb dort bestellt, weil er sich nun einmal auf der Seite befindet oder sich auf den Erwerb anderer Waren einlässt. Die geringere Beeinflussung des Wettbewerbs ist hier jedenfalls im Rahmen einer Interessenabwägung in der Weise zu berücksichtigen, dass eine in der Anlockwirkung liegende mögliche Beeinträchtigung der Mitbewerber außer Betracht zu bleiben hat.

Interessant sind die grundsätzlichen Aussagen des OLG Hamm zur Adwords-Werbung bei Google. Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass das OLG Hamm in Sachen Internetrecht durchaus weiß, wovon es spricht. Das OLG Hamm übersieht nicht, dass Adwords-Anzeigen bei Google nur einen eingeschränkten Raum haben und viele Informationen dann über den anzuklickenden Link mitgeteilt werden. Soweit somit eine Aufklärung auf der Internetseite selbst, die verlinkt worden ist, bevor eine Kaufentscheidung getroffen werden kann, liegt eine Irreführung nicht vor. Eine sog. Lockvogelwerbung, mit der ein Kunde auf Grund einer unrichtigen Werbeaussage in ein Geschäft gelockt wird, ist nach Ansicht des OLG nicht damit zu vergleichen, dass ein Internetnutzer zum Anklicken eines Adwords-Links “gelockt” wird. Die Welt des Internets ist somit flüchtig und unterliegt besonderen Bedingungen und Voraussetzungen.

Irreführung durch “beste Preise”?

Gleichzeitig hatte die Antragsgegnerin auch noch mit der Aussage “beste Preise” auf ihrer Startseite geworben.

Hier kommt es auf die Wortwahl an. Es macht einen ganz erheblichen Unterschied, ob einfach nur allgemein mit “beste Preise” oder mit “die besten Preise” geworben wird. Dies könnte eine Werbung mit einem Alleinstellungsmerkmal zur Folge haben, etwas, was wettbewerbsrechtlich durchaus problematisch ist.

Bei einer allgemeinen Werbung mit “besten Preise” geht der Verkehr von “sehr guten Preisen” aus. Auch diese “sog. Spitzengruppenwerbung” kann dazu führen, dass derjenige, der damit wirbt, für diese Aussage beweisbelastet ist. Ganz offensichtlich hat die Antragsgegnerin unter Vorlage von Preisvergleichen vorgetragen, dass sie in diesem Fall Druckerpatronen zu sehr viel günstigeren Preisen anbietet, als eine Reihe von namenhaften anderen Anbietern. Die Aussage war somit, was die Spitzengruppeneigenschaft der Antragsgegnerin angeht, zulässig. Hierfür ist es im Übrigen nicht erforderlich, dass man die immer günstigsten Preise hat. Es reicht aus, dass es im Rahmen des Preisvergleiches sehr viel teurere Preise von Anbietern gibt, aber nur in Einzelfällen etwas günstigere Preise.

Vorsicht bei Werbeslogans

Durch die Entscheidung wird letztlich deutlich, dass es bei Werbeslogans, insbesondere bei verkürzten Adwords-Werbungen und im Internet immer auf den Einzelfall ankommt und die Wortwahl wichtig ist. Wer insbesondere mit besonderen Leistungen wirbt, wie “beste Preise”, sollte gewährleisten, dass er diese Informationen regelmäßig aktualisiert und im Falle einer Abmahnung auch beweisen kann.

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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