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“Das absolut beste Produkt” – Wann ist es Werbung und wann ist es Irreführung?

(OLG Hamburg)

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Die Werbung von Produkten lebt letztlich davon, dass dem Verbraucher suggeriert wird, das angebotene Produkt sei in irgendeiner Form vorzugswürdigerer oder besser als die Produkte des Wettbewerbers. Letztlich kommt es immer auf den Einzelfall an, insbesondere auf den Umstand, ob eine Werbeaussage lediglich als “reklamehafte Anpreisung” oder eher als Tatsachenbehauptung zu werten ist. Mit einem schönen Beispiel hatte sich das OLG Hamburg (Urteil vom 12.10.2008, Az. 5 U 129/07) zu beschäftigen. Es ging um Nassrasierer. Ein Nassrasierer hat auf Verkaufs-Displays im Einzelhandel sowie in einem TV-Spot mit dem in Form einer Goldmedaille in einem Lorbeerkranz eingebetteten Slogan “Simply the best!” beworben. Dieser Slogan, der blickfangmäßig ausgestaltet war, wurde mit kleinerer Schrift mit Zusätzen unterschrieben “Testen Sie unsere Besten” und “Geld-Zurück-Garantie”.

Das OLG Hamburg hatte diese Bewerbung als irreführend angesehen und untersagt. Die Entscheidungsgründe sind durchaus lesenswert, da sie zum einen Grundsätzliches zum Thema “anpreisende Werbung” und “Irreführung” erläutern, zum anderen eine humorvolle Auseinandersetzung mit dem Thema “Nassrasierer” erkennen lassen:

Nach Ansicht des Herstellers, der in dieser Form geworben hatte, handelte es sich bei der Werbung nur um eine “inhaltsleere Anpreisung bzw. reklamehafte Übertreibung”, die durch den Verbraucher nicht ernst genommen werde.

“Simply the best” ist ernst gemeint

Dies sah das OLG durchaus anders und sah insbesondere den Slogan “Simply the best!” als zur Irreführung geeignete Tatsachenbehauptung an.

Da Werbung in irgendeiner Form immer von der Übertreibung lebt, sind die Ausführungen durchaus lesenswert:

“Denn reklamehafte Übertreibung reiner Werturteile unterfallen nicht dem Irreführungsverbot. Sie enthalten keine Angaben. Darunter sind nur inhaltlich nachprüfbare Aussagen über wirtschaftliche Verhältnisse zu verstehen. Ob ein nicht unbeachtlicher Teil der Verbraucher dem Wortsinn einer Superlativwerbung die Behauptung einer Alleinstellung entnimmt, beurteilt sich maßgeblich danach, ob nach der Verkaufsauffassung eine, jedenfalls in ihrem Kern, konkret fassbare und einer Nachprüfung zugängliche Tatsachenbehauptung liegt.”

Nach Ansicht des Senates wird insbesondere bei “technischen Geräten, wie einem “Damen-Nassrasierer” durch die Verkehrskreise ein objektives Werturteil zugeordnet, wenn es das “beste” Gerät auf dem Markt sei:

“Auch bei Körperpflegeprodukten mag in manchen (aber bei Weitem nicht allen) Bereichen -z.B. individuelle Hautverträglichkeit oder der Beurteilung eines angenehmen Dufts- eher eine subjektive Einschätzung vorherrschen. Für einen Nassrasierer gilt diese Einschränkung indes nicht.”

Das beste Frühstück?

Zur Beurteilung herangezogen wurde insbesondere die Tatsache, dass Nassrasierer durch die Stiftung Warentest getestet wurden mit der Folge, dass zulässiger Weise im Geschäftsverkehr mit einer derartigen Werbebehauptung (beispielsweise Testsieger) geworben werden dürfe.

“Es ist gerichtsbekannt, dass derartige Tests der Stiftung Warentest auch in der Vergangenheit bereits stattgefunden haben, während entsprechende Testergebnisse der Stiftung Warentest z.B. zum “besten Möbelhaus” oder dem “besten Frühstück” dem Senat nicht bekannt sind, gerade weil es sich dabei um überwiegend subjektive Einschätzungen handelt.”

Zudem scheint es eine ausgeprägte “Gründlichkeitsrechtsprechung” bei Nassrasierern vor dem OLG Hamburg gegeben zu haben, so bspw. zu der Behauptung “Keiner rasiert so, wie der Mach3-Turbo. Es ist weltweit die gründlichste und komfortabelste Gilette-Rasur. Garantiert!” sowie zu der Behauptung “Für die gründlichste Rasur, sogar beim Rasieren gegen die Wuchsrichtung.”

Jedenfalls würde dieser Umstand belegen, dass die Qualität eines Nassrasierers auch nach Auffassung der seinerzeit agierenden Parteien der objektiven Überprüfung zugänglich ist.

Auch wenn nach Ansicht des Senates der Begriff “das Beste” heutzutage in gewissen Bereichen der Werbung einer nahezu inflationären Verwendung ausgesetzt ist, lässt sich hieraus, so der Senat, nicht schließen, dass der Verkehr diese Anpreisung nicht mehr ernst nimmt und stets nur als reklamehaftung Übertreibung versteht.

Was trinkt man mit seinen besten Freunden?

Offensichtlich gibt es unter der Internetseite www.slogans.de eine Datenbank mit Werbeslogan. Die Beklagtenseite hatte versucht, durch eine entsprechende Recherche deutlich zu machen, dass das Wort “beste” wohl offensichtlich oft vorkommt. Auch hier blitzt der …. durch:

“Auch die Beklagte hat sich keinerlei Mühe gegeben, das Ergebnis ihrer Suchanfrage für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits in rechtlich relevanter Weise zu verarbeiten. Anderenfalls wäre es nicht erklärlich, dass sie damit auch Suchergebnisse, wie z.B. “hier bestelle ich!” oder “bestehen Sie darauf!” oder “der Bourbon, den man mit seinen besten Freunden trinkt” vorlegt. Der Senat hat keine Veranlassung, sich passende Ergebnisse aus dieser unkommentierten Zusammenstellung herauszusuchen.”

Des Weiteren fand der Senat den Werbeslogan auch nicht besonders witzig:

“Anhaltspunkte dafür, dass die angesprochenen Verkehrskreise -wie die Beklagte meint- den Werbeslogan in Anlehnung an einen gleichnamigen Pop-Song überwiegend oder gar ausschließlich lediglich als witzigen, leicht zu merkenden Werbespruch aufnehmen, diesen jedoch nicht wörtlich nimmt, besteht nicht. Es mag sein, dass bestimmte Teile der angesprochenen Verkehrskreise ein derartiges Verständnis haben mögen. Maßgebliche Teile des angesprochenen Verkehrs nehmen die Werbebehauptung hingegen ohne Weiteres ernst. Diese Feststellung vermag der Senat auf Grund eigener Sachkunde zu treffen, weil seine Mitglieder ebenfalls zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören.”

Dies heißt eigentlich nichts anderes, als

1. wir sind alle Männer und rasieren uns.

2. wir finden den Spruch nicht witzig.

Auch der Zusatz “Testen Sie unseren Besten” fand keine Gnade in den Augen des Senates des OLG Hamburg. Er lässt -so das OLG- mindestens drei Bedeutungsvarianten zu:

1. Die Produkte seien insgesamt die Besten der gesamten Produktpalette.

2. Die Produkte seien die Besten unter mehreren für dieselbe Zweckbestimmung von ihr angebotenen gleichartigen Produkten (z.B. Taschentücher).

3. Die Besten im Vergleich zu Konkurrenzprodukten anderer Anbieter.

Ergänzend wird noch Bezug genommen auf die Senats-Rechtsprechung “Der beste Preis der Stadt”. Auch hier hatte der Senat wenig Gnade walten lassen:

“Vor diesem Hintergrund obliegt es auch einem Unternehmen, das für ein konkretes Produkt mit dem Attribut des “besten” Preises der Stadt wirbt, zumindestens in groben Zügen darzulegen, auf welche konkreten Markterkenntnisse es seine Spitzenstellungsbehauptung begründet. … Dafür kann es, je nach Umständen des Einzelfalls ausreichen, dass er etwa unter Umständen diejenigen Hauptkonkurrenten bzw. “Billiganbieter” konkret benennt, deren Preisgestaltung er vergleichend in seiner Meinungsbildung mit einbezogen hat.”

Wenn man es schon einmal ganz genau nimmt: Das Prädikat “Simply the best” wurde in Anführungszeichen gesetzt, was üblicher Weise für die Wiedergabe der Äußerung eines Dritten spricht.

Fazit:

Vorsicht mit Alleinstellungswerbung. Die Grenze zwischen reklamehafter Übertreibung und Tatsachenbehauptung ist schnell überschritten. Insbesondere bei einer sogenannten Spitzenstellungswerbung (der Werbung mit Superlativen, wie “Wir sind die Besten, Billigsten” etc.) ist auf jeden Fall Vorsicht geboten.

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Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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