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BGH: “Abbruchjäger” bei eBay handeln rechtsmissbräuchlich

Aufgrund einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofes werden es sogenannte “Abbruchjäger” bei eBay zukünftig etwas schwerer haben. Wie sich aus einer Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes zu einem aktuellen Urteil ergibt, sieht der BGH das Vorgehen sogenannter Abbruchjäger bei eBay offenbar als Rechtsmissbrauch an (Pressemitteilung Nr. 143/16 vom 24.08.2016 zum Urteil des BGH vom 24.08.2016, Az.: VIII ZR 182/15).

Keine Entscheidung in der Sache, aber…

Normalerweise äußert der BGH eine Rechtsauffassung zu einem Rechtsproblem nur dann, wenn er dieses Rechtsproblem auch entscheiden muss. Kommt es auf das Rechtsproblem dagegen nicht an, lässt der BGH die zu entscheidende Rechtsfrage dagegen in aller Regel offen. Das Vorgehen eines Abbruchjägers bei eBay stieß den Richtern beim BGH jedoch offenbar so sehr auf, dass sie sich zu der Frage nach einem möglichen Rechtsmissbrauch äußerten, obwohl diese Frage eigentlich nicht zu entscheiden gewesen wäre.

Und das war passiert: Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, gestattete es dem Sohn ihres Verwalters, für sie ein Nutzerkonto bei eBay einzurichten. Im Januar 2012 bot der Beklagte bei eBay ein gebrauchtes Motorrad im Wege einer Internetauktion mit einem Startpreis von 1,00 Euro zum Verkauf an. Der Sohn des Verwalters der GbR nahm das Angebot an, wobei er ein (maximal-) Gebot in Höhe von 1.234,57 Euro abgab. Als der Beklagte die Auktion wegen fälschlich eingetragener Artikelmerkmale bereits am ersten Tag abbrach, war der Sohn des Verwalters der GbR der einzige Bieter geblieben. Kurz darauf stellte der Beklagte das Motorrad mit korrigierten Angaben erneut bei eBay ein. Erst rund ein halbes Jahr später, im Juli 2012, forderte die Klägerin den Beklagten sodann auf, ihr das Motorrad zum Preis von 1,00 Euro zu überlassen. Da dieser das Motorrad zwischenzeitlich anderweitig veräußert hatte, verlangte die Klägerin mit der Behauptung, das Motorrad sei 4.900,00 Euro wert gewesen, Schadenersatz in Höhe von 4.899,00 Euro. Noch vor der Zustellung der Klage trat die Klägerin ihre Ansprüche aus den eBay-Geschäften unentgeltlich an den Sohn des Verwalters der GbR ab. In der ersten Instanz hatte die Klage teilweise Erfolg. In der Berufungsinstanz wurde die Klage insgesamt abgewiesen, weil das Berufungsgericht das Schadensersatzverlangen als rechtsmissbräuchlich beurteilte. Anders als das Berufungsgericht sah der BGH die Klage bereits als unzulässig an, weil es wegen der unentgeltlichen Übertragung der Rechte aus dem eBay-Geschäft an einem rechtschutzwürdigen Interesse der Klägerin an der Prozessführung fehle. Der BGH entschied also aus rechtsformalen Gründen gegen den Abbruchjäger, so dass es auf den Aspekt des Rechtsmissbrauchs für die BGH-Entscheidung nicht mehr ankam. Gleichwohl hat der Senat nach der Pressemitteilung zum Ausdruck gebracht, dass bei dem vom Berufungsgericht als entscheidend angesehenen Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs ein Rechtsfehler nicht erkennbar sei. Mit anderen Worten: Der BGH hält das Vorgehen des Abbruchjägers wie das Berufungsgericht für Rechtsmissbrauch.

Schnäppchenjagd oder Rechtsmissbrauch?

Das Berufungsgericht hatte aufgrund der Gesamtumstände des Falles einen Rechtsmissbrauch angenommen, weil der Abbruchjäger vor allem das Ziel verfolgt habe, im Fall eines vorzeitigen Auktionsabbruchs Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Spannend ist in diesem Zusammenhang für eBay-Händler natürlich die Frage, aufgrund welcher Kriterien das Berufungsgericht zu dieser Einschätzung gelangt ist. Dazu hat das Berufungsgericht u. a. ausgeführt: Allein im Sommer 2011 habe sich der Sohn des Verwalters der GbR, der damals unter mehreren eigenen Nutzerkonten bei eBay registriert gewesen sei, noch nicht hinter einem Nutzerkonto der Klägerin “versteckt” und bei eBay Gebote in Höhe von 215.000 Euro abgegeben. Dabei habe er – jedes mal unter Beantragung von Prozesskostenhilfe – vier Gerichtsverfahren eingeleitet. Zudem habe die Klägerin – in der Annahme, der Beklagte werde das Motorrad zwischenzeitlich anderweitig veräußern – mit der Geltendmachung von Forderungen mehr als ein halbes Jahr gewartet bis sie ihn endlich gerichtlich in Anspruch genommen habe. Es lagen also sehr umfangreiche Informationen zu den Geboten des Abbruchjägers bei eBay vor, aufgrund derer ein planmäßiges Vorgehen des Abbruchjägers nachvollzogen werden konnte.

Wie Sie als eBay-Händler Schadenersatzansprüche von Abbruchjägern vermeiden:

Das Vorgehen des Abbruchjägers in dem aktuellen Urteil des BGH ist nach unserer Einschätzung sicher kein Einzelfall. Es wird sicher sogar sehr viele Gebote bei eBay geben, die in der Erwartung abgegeben werden, dass eine eBay-Auktion aufgrund von Fehlern vorzeitig abgebrochen wird und dass sodann eine neue eBay-Auktion oder ein anderweitiger Verkauf des Artikels erfolgt. Bemerken Sie als eBay-Händler nach Abgabe eines Gebotes Fehler in der Artikelbeschreibung kommt eine Anfechtung Ihres eBay-Angebots in Betracht, die Sie dann jedoch rechtzeitig gegenüber dem Bieter erklären müssen, um die spätere Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen durch einen sogenannten Abbruchjäger zu vermeiden. Gern beraten wir Sie als eBay-Händler nicht nur im Hinblick auf die Absicherung Ihres eBay-Auftritts, sondern auch im Hinblick auf das Vorgehen bei erkannten Fehlern in Angebotsbeschreibungen zur Vermeidung von Schadenersatzansprüchen.

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke

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