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Geklärt: BGH entscheidet, dass Internethändler, die Bio-Lebensmittel anbieten sich bei einer Öko-Kontrollstelle anmelden müssen

  • Aktuell:OLG Celle: Beim Internetangebot von Bio-Lebensmitteln ist auch die Öko-Kontrollnummer des Herstellers anzugeben – aber wo?
  • Unterschiedliche Urteile: Müssen Internethändler, die Bio-Lebensmittel anbieten, die Kontrollnummer des Herstellers in die Artikelbeschreibung aufnehmen?
  • Nachdem der EuGH entschieden hatte, hat nunmehr auch der Bundesgerichtshof (BGH Urteil v. 29.03.2018 – Az.: I ZR 243/14 Biogewürze II) entschieden: Bei dem Verkauf von Bio-Produkten über das Internet ist die Anmeldung bei einer Öko-Kontrollstelle notwendig. Die Frage ist nunmehr geklärt.
    Hintergrund ist, dass eine direkte Abgabe an Endverbraucher, bei der eine Registrierung bei einer Öko-Kontrollstelle nicht notwendig wäre im Internethandel nicht gegeben ist, so der BGH.

    Es heißt insofern in der Entscheidung:

    “c) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte nicht gemäß § 3 Abs. 2 ÖLG von den Pflichten nach Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 834/2007 freigestellt war.
    aa) Gemäß § 3 Abs. 2 ÖLG sind Unternehmer, die Erzeugnisse im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 834/2007 als ökologische/biologische Erzeugnisse oder Umstellungserzeugnisse direkt an den Endverbraucher oder -nutzer abgeben, vom Einhalten der Pflichten nach Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 834/2007 freigestellt, soweit sie diese Erzeugnisse nicht selbst erzeugen oder erzeugen lassen, aufbereiten oder aufbereiten lassen, an einem anderen Ort als einem Ort in Verbindung mit der Verkaufsstelle lagern oder lagern lassen oder aus einem Drittland einführen oder einführen lassen.
    bb) Der Anwendung dieses Befreiungstatbestands steht allerdings nicht entgegen, dass die Beklagte die von ihr angebotenen Erzeugnisse selbst erzeugt oder erzeugen lässt, aufbereitet oder aufbereiten lässt, an einem anderen Ort als einem Ort in Verbindung mit der Verkaufsstelle lagert oder lagern lässt oder aus einem Drittland einführt oder einführen lässt. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass einer dieser Fälle im Streitfall vorlag.
    cc) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre Erzeugnisse nicht “direkt” im Sinne des § 3 Abs. 2 ÖLG an Endverbraucher abgegeben hat. Es hat angenommen, ein “direkter” Verkauf liege nur vor, wenn der Verkauf am Ort der Lagerung des Erzeugnisses unter gleichzeitiger Anwesenheit des Unternehmers oder seines Verkaufspersonals und des Verbrauchers erfolge. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
    (1) Die Bestimmung des § 3 Abs. 2 ÖLG beruht auf Art. 28 Abs. 2 der Verordnung Nr. 834/2007. Sie ist daher in Übereinstimmung mit dieser Vorschrift auszulegen. Gemäß Art. 28 Abs. 2 der Verordnung Nr. 834/2007 können die Mitgliedstaaten Unternehmer, die Erzeugnisse direkt an Endverbraucher oder -nutzer verkaufen, von der Anwendung des Artikels 28 dieser Verordnung befreien, sofern die Unternehmer die Erzeugnisse nicht selbst erzeugen, aufbereiten oder an einem anderen Ort als in Verbindung mit der Verkaufsstelle lagern oder solche Erzeugnisse nicht aus einem Drittland einführen oder solche Tätigkeiten auch nicht von Dritten ausüben lassen.
    (2) Nach diesen Maßstäben fehlt es an einem direkten Verkauf an den Endverbraucher.
    Wie der Gerichtshof der Europäischen Union auf den Vorlagebeschluss des Senats hin ausgesprochen hat, ist Art. 28 Abs. 2 der Verordnung Nr. 834/2007 dahin auszulegen, dass Erzeugnisse nur dann im Sinne dieser Bestimmung “direkt” an den Endverbraucher oder -nutzer verkauft werden, wenn der Verkauf unter gleichzeitiger Anwesenheit des Unternehmers oder seines Verkaufspersonals und des Endverbrauchers erfolgt. Diese Voraussetzungen liegen bei dem im Streitfall maßgeblichen Online-Versandhandel von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, die mit der Bezeichnung “Bio” als aus ökologischer/biologischer Produktion stammend gekennzeichnet sind, nicht vor.”

Wir hatten bereits in der Vergangenheit darüber berichtet, dass bei einem Internetangebot von Bio-Lebensmitteln ggf. eine Anmeldung bei einer Öko-Kontrollstelle notwendig sein könnte. Das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG Frankfurt, Urteil vom 30.09.2014, Az: 14 U 201/13) hatte nach einer Klage der Wettbewerbszentrale angenommen, dass eine entsprechende Anmeldung einer Öko-Kontrollstelle notwendig sei, wenn über den Internethandel Bio-Lebensmittel angeboten werden.

Bereits im Jahr 2008 gab es eine Auslegung der Landesarbeitsgemeinschaft ökologischer Landbau (LÖK), die eine Anwendbarkeit des Ökolandbaugesetzes (ÖLG) auch für Internet-Händler vorsah. Offensichtlich ist die Rechtslage jedoch nicht so eindeutig.

BGH legt diese Frage dem EuGH vor

Der Bundesgerichtshof (BGH Az. I ZR 243/14) hat mit Beschluss vom 24.03.2016 ein Verfahren ausgesetzt, in dem die Wettbewerbszentrale klären lassen will, ob der Online-Handel mit Bio-Lebensmitteln einer Zertifizierungspflicht durch eine Öko-Kontrollstelle unterliegt. Es wurde folgende Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt:

“Liegt ein im Sinne von Artikel 28 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 “direkter” Verkauf an Endverbraucher bereits vor, wenn der Unternehmer oder sein Verkaufspersonal dem Endverbraucher die Erzeugnisse ohne Zwischenschaltung eines Dritten verkauft oder setzt ein “direkter” Verkauf darüber hinaus voraus, dass der Verkauf am Ort der Lagerung der Erzeugnisse unter gleichzeitiger Anwesenheit des Unternehmers oder seines Verkaufspersonals und des Endverbrauchers erfolgt?”

Gemeint ist damit Folgendes:

Artikel 28 Abs. 2 der EU-Verordnung Nr. 834/2007 lautet wie folgt:

“Die Mitgliedstaaten können Unternehmer, die Erzeugnisse direkt an Endverbraucher oder -nutzer verkaufen, von der Anwendung dieses Artikels befreien, sofern diese Unternehmer die Erzeugnisse nicht selbst erzeugen, aufbereiten oder an einen anderen Ort als in Verbindung mit der Verkaufsstelle lagern oder solche Erzeugnisse nicht aus einem Drittland einführen oder solche Tätigkeiten auch nicht von Dritten ausüben lassen.”

Im Kern geht es darum, ob es einen direkten Kontakt zwischen Verkäufer und Käufer wie in einem Ladengeschäft geben muss oder ob dieser gerade nicht notwendig ist. Einen “direkten” Kontakt zwischen Verkäufer und Käufer gibt es im Internethandel in der Regel nicht. Die Wettbewerbszentrale, die dieses Verfahren führt, weist zutreffend darauf hin, dass die Pflicht zu Bio-Zertifizierung für den Online-Handel erhebliche wirtschaftliche Folgen hat. Hierzu gehören nicht nur die Kosten für die Zertifizierung der Öko-Kontrollstellen. Es besteht auch ein ganz erheblicher organisatorischer Aufwand.

Wie der EuGH entscheiden wird, ist vollkommen unklar. Wir werden Sie an dieser Stelle darüber informieren.

Stand: 31.03.2016

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard

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