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Streitschlichtung im Onlinehandel: Wann und wie muss darüber in AGB informiert werden?

Das Thema Streitschlichtung im Onlinehandel erreicht Internethändler in vielen Facetten:

Seit dem 09.01.2016 gibt es für alle Online-Händler, die Verpflichtung auf die Online-Streitbeilegungsplattform der Europäischen Union zu verlinken sowie in diesem Zusammenhang die eigene Emailadresse anzugeben.

Diese Informationspflicht ergibt sich aus Art. 14 Abs. 1 der EU-Verordnung 524/2013. Der Link auf die OS-Plattform lautet übrigens http://ec.europa.eu/consumers/odr/

Damit ist es jedoch nicht getan. Die OS-Plattform, über die Streitigkeiten zwischen Unternehmer und Verbraucher lediglich an die nationalen Streitbeilegungsstellen vermittelt werden sollen, ist nur ein erster Schritt.

Immer wieder werden wir von Mandanten gefragt, wie es mit Informationspflichten über die Streitbeilegung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen aussieht.

In diesem Beitrag informieren wir Sie darüber, was kommt und in welchen Fällen eine Informationspflicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen notwendig ist.

Nicht notwendig: Link auf die OS-Plattform der EU in AGB

Art. 14 Abs. 1 der EU-Verordnung 524/2013 schreibt lediglich vor, dass der Link auf die OS-Plattform sowie die Information über die Emailadresse leicht zugänglich sein muss. Eine Information über diesen Link in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nicht vorgeschrieben. Im Gegenteil: Wir sind der Ansicht, dass eine Information über die OS-Plattform allein in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht das Merkmal “leicht zugänglich” erfüllt. Wenn der Verbraucher erst auf Seite 4 von 5 in ausführlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen über eine Information zur OS-Plattform stolpert, dürfte dies nicht das Merkmal “leicht zugänglich” erfüllen.

Zur Erläuterung: Von OS zu AS

Die europäische Lösung zur Online-Streitbeilegung wird mit OS = Online-Streitbeilegung abgekürzt. Dies betrifft die OS-Plattform der EU.

Diese vermittelt die Meldung eines Streits über diese Plattform an die zuständige nationale (bspw. deutsche) Schlichtungsstelle. Für die deutsche ganz konkrete Streitbeilegung vor Ort gibt es das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG), das Gesetz ist noch nicht in Kraft getreten (Stand Januar 2016). Die deutsche Verbraucherschlichtungsstelle, die jeweils zuständig ist, ist dann für die alternative Streitbeilegung im Rahmen der EU-Vorgaben in Deutschland zuständig.

Die deutsche Regelung wird daher als “alternative Streitbeilegung” bezeichnet; alternative Streitbeilegung = AS.

Informationspflicht über Streitbeilegung in AGB aufgrund der EU-Verordnung

Art. 14 Abs. 2 der EU-Verordnung 524/2013 regelt eine Informationspflicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen:

“In der Union niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen und sich verpflichtet haben oder verpflichtet sind eine oder mehrere AS-Stellen für die Beilegung von Streitigkeiten mit Verbrauchern zu nutzen, informieren die Verbraucher über die Existenz der OS-Plattform und die Möglichkeit, diese für die Beilegung ihrer Streitigkeiten zu nutzen. Sie stellen auf ihren Websites sowie falls das Angebot über E-Mail erfolgt, in dieser Mail ein Link zur OS-Plattform ein. Diese Informationen sind ggf. auch in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge aufzunehmen.”

Hierzu ist zunächst festzustellen, dass es jedenfalls für Online-Händler keine Verpflichtung gibt, sich an AS-Verfahren zu beteiligen. Es gibt ggf. andere Branchen, in denen eine alternative Streitbeilegung angeboten werden muss. Der Internethandel gehört jedenfalls nicht dazu.

Nur der Internethändler, der sich freiwillig verpflichtet, seinen Kunden die Teilnahme an der alternativen Streitbeilegung anzubieten, muss somit in den AGB darüber informieren. Dies gilt im Übrigen erst dann, wenn das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz in Kraft getreten ist. Dies erwarten wir nicht vor April 2016. Zurzeit fehlt noch die Bestätigung des Bundesrates. Vorher gibt es nämlich keine AS-Stellen.

Nach Inkrafttreten des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes: 12 Monate später Informationspflicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter bestimmten Voraussetzungen

Wenn das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz in Kraft getreten ist, müssen sich zunächst einmal die AS-Stellen bilden, die einzelnen Verbraucherschlichtungsstellen müssen sich zunächst einmal gründen und organisieren.

Erst 12 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes, vermutlich erst im April 2017, gibt es dann eine allgemeine Informationspflicht aus § 36 des VSBG:

§ 36 des VSBG regelt eine allgemeine Informationspflicht für Unternehmer, die eine Webseite unterhalten oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwenden. Es besteht die Verpflichtung, den Verbraucher darüber in Kenntnis zu setzen, inwieweit der Unternehmer bereit ist oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.

Nur wenn der Internethändler bereit ist, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen (verpflichtet ist er hierzu nicht!), muss er auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinweisen “Der Hinweis muss Angaben zur Anschrift und Webseite der Verbraucherschlichtungsstelle sowie eine Erklärung des Unternehmers, an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, enthalten.”, so § 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG.

Aber: Informationspflicht abhängig von der Betriebsgröße

Eine wichtige Einschränkung findet sich in § 36 Abs. 3 VSBG. Die Informationspflicht entfällt jedoch, wenn der Internethändler am 31.12. des vorangegangenen Jahres 10 oder weniger Personen beschäftigt hat.

Mit anderen Worten: Eine grundsätzliche Informationspflicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist ab 2017 nur für die Internethändler verpflichtend, der mehr als 10 Personen beschäftigt. “Maßgeblich ist insoweit die Kopfzahl an Beschäftigten, nicht die Summe ihrer Arbeitskraftanteile.” Es kommt somit nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer nur halbtags arbeitet oder geringfügig Beschäftigter ist. Dann gilt die Infopflicht in alllgemeinen Geschäftsbedingungen jedoch unabhängig von der Plattform, auf der diese genutzt werden, somit bspw. bei Ebay, Amazon oder im eigenen Internetshop.

Zusammengefasst bedeutet dies:

Nur Internethändler, die mehr als 10 Personen beschäftigen, sind ab 2017 verpflichtet, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die Streitbeilegung hinzuweisen. Ist die Bereitschaft, an der Streitbeilegung teilzunehmen nicht gegeben, reicht eine entsprechende Information.

Internethändler, die unter 10 Personen am 31.12. des Vorjahres beschäftigt haben, trifft keine Informationspflicht.

Teilnahme an alternativer Streitbeilegung für Internethändler: Wir raten ab

Online-Händler oder Shop-Betreiber sind nicht verpflichtet, an der alternativen Streitbeilegung in Deutschland teilzunehmen. Wir sehen für Internethändler keinerlei Vorteile an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Die Kosten stehen in keinem Verhältnis zum Streitwert:

Die Gebühr beträgt,

  • 190,00 Euro bei Streitwerten bis einschließlich 100,00 Euro
  • 250,00 Euro bei Streitwerten über 100,00 Euro bis einschließlich 500,00 Euro
  • 300,00 Euro bei Streitwerten über 500,00 Euro bis einschließlich 2.000,00 Euro
  • 380,00 Euro bei Streitwerten über 2.000,00 Euro
    jedenfalls bei der Universalschlichtungsstelle eines Bundeslandes nach § 31 VSBG.

Hinzu kommt, dass der Verbraucher immer noch vor Gericht ziehen kann. Nicht zuletzt macht ganz unabhängig von der jetzt gesetzlich eingeführten Streitschlichtung der “Käuferschutz” von PayPal den Internethändlern das Leben ohnehin schon schwer genug. Die Rechtsprechung ist aufgrund der Gesetzeslage zudem aktuell in Online-Fällen sehr verbraucherfreundlich. Dies wird letzten Endes bei den Streitschlichtungsstellen nicht anders sein.

Zusammenfassung

Eine Verpflichtung, über die Streitbeilegung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu informieren, gibt es aktuell nicht. Die entsprechende Verpflichtung kommt erst frühestens im April 2017. Nur Internethändler, die am 31.12. des Vorjahres 10 oder mehr Beschäftigte haben, müssen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen über die Streitbeilegung informieren oder Internethändler, die sich bereits vorher verpflichtet haben, die Streitbeilegung zu nutzen.

Mandanten, die unseren Updateservice beziehen werden wir -wie immer- frühzeitig konkret informieren.

Stand: 19.01.2016

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard

https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/8384a3028b87409cab98a99bfef7c762