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Sonderbare Entscheidung: Veraltete Widerrufsbelehrung ist nicht wettbewerbswidrig (OLG Brandenburg)

Die amtliche Musterwiderrufsbelehrung hat sich zum 04.08.2011 geändert. Im Rahmen der Änderung der Widerrufsbelehrung ist unter anderem die Normenkette, die den Verbraucher darüber informiert, welche Informationen notwendig sind, damit die Widerrufsfrist beginnt geändert worden. Folge ist, dass auf einen Blick erkennbar ist, ob eine Widerrufsbelehrung veraltet oder aktuell (Stand 2013) ist. In der alten Widerrufsbelehrung wird Bezug genommen auf § 312 e Abs. 1 Satz 1 BGB, in der neuen Widerrufsbelehrung auf § 312 g Abs. 1 Satz 1 BGB.

OLG Brandenburg: Veraltete Widerrufsbelehrung ist nicht wettbewerbswidrig

Das brandenburgische Oberlandesgericht (OLG Brandenburg, Urteil vom 08.10.2013, Az.: 6 U 97/13) hat sich mit der klassischen wettbewerbsrechtlichen Frage im Internethandel befasst, inwieweit eine veraltete Widerrufsbelehrung wettbewerbswidrig ist. Erstaunlicher Weise sieht das OLG Brandenburg eine veraltete Widerrufsbelehrung als nicht wettbewerbswidrig an, obwohl sowohl die Normenkette, wie auch die Informationen zum Wertansatz andere sind:

Die von dem Verfügungsbeklagten verwendete Widerrufsbelehrung ist jedoch weder fehlerhaft noch unvollständig. Dies gilt sowohl hinsichtlich der von der Verfügungsklägerin beanstandete fehlerhafte Zitierung der maßgeblichen Verweisungsnorm (§ 312 e statt § 312 g BGB), als auch hinsichtlich der Belehrung über die Pflicht zum Wertersatz.

Im Weiteren heißt es in dem Urteil:

Lediglich die nunmehr gültige Vorschrift des § 312 g Abs. 1 Satz 1 BGB wird in der Widerrufsbelehrung nicht korrekt zitiert, sondern die bis 2011 gültige inhaltsgleiche Fassung des § 312 e Abs. 1 Satz 1 BGB, die im Zug der Gesetzesänderung durch das Gesetz vom 27.07.2011 nunmehr zu § 312 g BGB geworden ist, ohne dass sich der Gesetzesinhalt geändert hat. Allein durch die unterbliebene Einarbeitung dieser Gesetzesänderung durch Korrektur der Angaben der Verweisungsnorm von § 312 e BGB zu § 312 g BGB wird die Widerrufsbelehrung jedoch nicht inhaltlich unrichtig.

Diese Ansicht erstaunt sehr. Wie schön, dass das OLG Brandenburg weiß, dass sich die Norm geändert hat und nunmehr inhaltsgleich, statt wie früher in § 312 e BGB nunmehr in § 312 g BGB steht. Wir diese tiefe Rechtskenntnis, wo nämlich sich eine geänderte Norm jetzt neuerdings befindet, auch von dem Verbraucher erwartet? Die aktuelle Norm des § 312 e BGB bezieht sich auf den Wertersatz bei Fernabsatzverträgen. Wer nach der aktuellen Norm des § 312 e BGB bspw. im Internet sucht, wird immer und überall nur die neue Norm, nicht jedoch die alte finden.

Kennt der Verbraucher die Rechtshistorie?

Eine mögliche Rechtskenntnis des Verbrauchers – insbesondere eine rechtshistorische über veraltete BGB-Fassung- dürfte die Möglichkeiten des normalen Internetkäufers bei Weitem übersteigen. Ohnehin ist der Hinweis auf § 312 g BGB nach Ansicht des OLG Brandenburg nicht notwendig, da im Weiteren ja über Artikel 246 § 3 Ziff. 3 EGBGB wiederum auf § 312 g Abs. 1 Satz 1 BGB verwiesen wird.

Wenn jedoch, dies hatte einmal das OLG Hamm entschieden, komplett veraltet auf die BGB-Informationspflichtenverordnung verwiesen wird, gilt dies alles nicht, d.h. selbst nach der Ansicht des OLG Brandenburg wäre eine komplett veraltete Widerrufsbelehrung, die noch auf die BGB-InfoV verweist, nicht zulässig. Auch die geänderten Formulierungen zum Wertersatz im Rahmen der neuen Widerrufsbelehrung sieht das OLG Brandenburg bei Verwendung einer alten Widerrufsbelehrung nicht als wettbewerbswidrig an.

Nach unserem Eindruck ergibt sich die Entscheidung insbesondere aus dem Praxisansatz “die Normen liest sowieso keiner”. Als Entscheidungsgrundlage für ein Urteil halten wir dies für durchaus kritisch.

Nach unserer Ansicht ist dies eine Einzelfallentscheidung. Wer auch weiterhin noch eine verwaltete Widerrufsbelehrung verwendet, kann sich aktuell aufgrund dieser Einzelfallentscheidung nur dann darauf berufen, wenn Unterlassungsansprüche im OLG – Bezirk Brandenburg geltend gemacht werden. Dies wird jedoch mutmaßlich eher nicht geschehen.

Stand: 23.10.2013

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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