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Verbraucherrechterichtlinie für den Internethandel: Bundesjustizministerium legt Entwurf für Umsetzung in das deutsche Recht vor

Durch die Verbraucherrechterichtlinie sollen Verbraucherrechte auf einen einheitlichen EU-Stand gebracht werden. Eine Übersicht über den Inhalt der Richtlinie haben wir hier für Sie zusammengestellt.

Die einzelnen Regelungen der Richtlinie müssen in deutsches Recht umgesetzt werden, mit anderen Worten: Der deutsche Gesetzgeber ist gefragt, die Richtlinie in Gesetzesform zu gießen.

Die Gestaltungsspielräume des Gesetzgebers sind hierbei aufgrund der EU-Vorgabe eher gering.

Nunmehr liegt mit Bearbeitungsstand 19.09.2012 ein Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) für die konkrete Umsetzung der Richtlinie in deutsche Gesetze vor.

Konkret handelt es sich um:

“Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie, zur Änderung des Verbrauchsgüterkaufrechts und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung.”

Nachdem unsere anfängliche Überlegung war, kurz die Änderungen vorzustellen, wird nach etwas intensiverem Studium des Referentenentwurfes klar, dass hier nicht nur ein komplexes Stück Gesetzeswerk auf den Gesetzgeber zukommt, sondern dass das Gesetz insbesondere für Internethändler weitreichende Folgen hat.

Der Gesetzgeber geht hinsichtlich des Inkrafttreten der Gesetze, die die Verbraucherrechterichtlinie umsetzen, davon aus, dass das Gesetz am

13.06.2014

in Kraft treten soll. Dies entspricht den Vorgaben von Artikel 29 der Richtlinie. 

Eine Übergangsfrist, es gibt wieder eine neue Widerrufsbelehrung, haben wir im Gesetz nicht entdecken können, so dass. wie im Jahr 2010, eine erhebliche Arbeitsbelastung über den Internethandel hereinbrechen wird. Auch damals hatte der Gesetzgeber nicht an eine Übergangsfrist, insbesondere bei der damaligen neuen Widerrufsbelehrung gedacht. Dies war bei der letzten Änderung am 04.08.2011 anders. Dort hatte der Gesetzgeber eine Übergangsfrist von drei Monaten vorgesehen.

Wir möchten Ihnen im Folgenden den Referentenentwurf in einzelnen Aspekten näher vorstellen, wobei wir unser Augenmerk in erster Linie auf den Internethandel legen werden.

Wir dürfen an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass es sich um einen Referentenentwurf handelt, somit den ersten Diskussionsstand zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie (im Folgenden VRRL). Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens kann es selbstverständlich an diesem Entwurf, mehr ist es zurzeit nicht, noch erhebliche Änderungen geben, insbesondere gehen wir davon aus, dass entsprechende Interessenverbände versuchen werden, ihren Einfluss geltend zu machen, soweit dies im Rahmen der VRRL überhaupt möglich ist.

Die Kosten für die Wirtschaft

Putzigerweise rechnet das BMJ den Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft auf “nur” 7,6 Mio Euro herunter. Auswirkungen auf das Verbraucherpreisniveau werden nicht erwartet.

Auf die Wirtschaft (somit auch auf den Internethandel) kommen folgenden Kosten zu (soweit wir im Folgenden von gesetzlichen Normen sprechen, sind dies immer die neuen Entwurfsnormen):

– § 312 c Abs. 3 BGB sieht vor, dass Unternehmer Verbrauchern für die Nutzung von Zahlungsmitteln nicht mehr Gebühren in Rechnung stellen können, als Sie selbst entrichten müssen. Mit anderen Worten: Zahlungsgebühren können zwar auf den Verbraucher abgewälzt werden, der Unternehmer darf hieran jedoch nichts verdienen. Die Kosten für die betroffenen Unternehmen schätzt das BMJ mit 1,25 Mio. Euro ein.

– Gemäß § 312 c Abs. 4 darf bei Rückfragen im Rahmen eines Vertrages keine Mehrwertdienstenummer mehr eingerichtet werden. Den Umstellungsaufwand gibt das BMJ mit 320.000,00 Euro an.

– Gemäß § 312 c Abs. 5 müssen Nebenleistungen ausdrücklich vereinbart werden. Hier wird der Aufwand mit etwa 2,5 Mio.  Euro angegeben.

– Zusätzliche Informationspflichten von Verträgen “außerhalb von Geschäftsräumen” schlagen mit 3,3 Mio. Euro zu Buche.

– Zukünftig wird es gemäß § 356 BGB möglich sein, einen Widerruf auch über eine Funktion auf einer Internetseite anzubieten. Hierfür fallen dann 230.000,00 Euro an.

Offenbar geprägt durch die Kritik im Zusammenhang mit der Umsetzung der Buttonlösung versucht man offensichtlich den Gesamtaufwand schön zu rechnen, indem der Zeitaufwand pro Minute für einzelne Umsetzungspunkte dargestellt wird. Warum diese Kosten nicht ansatzweise stimmen können, besprechen wir hier. 

Unklarheiten

Wie bei derartigen komplexen Gesetzeswerken üblich, sind uns bereits an dieser Stelle einige Punkte aufgefallen, bei denen insbesondere der Internethändler ratlos zurückgelassen wird.

Wir werden in nächster Zeit an dieser Stelle Sie genauer über diesen Referentenentwurf und die konkreten Folgen für den Internethandel informieren.

Ein wichtiger positiver Punkt der Verbraucherrechterichtlinie ist zunächst einmal die grundsätzlich neue Regelung des Widerrufsrechtes. Das Widerrufsrecht wird, soweit die gute Nachricht, von seiner Information über vollkommen unverständliche Normen zur Berechnung des Fristbeginns befreit. Es gibt zudem nur noch ein Widerrufsrecht und eine Widerrufsbelehrung, das Institut der Rückgabebelehrung entfällt komplett. Des Weiteren beträgt die Widerrufsfrist ohne Wenn und Aber 14 Tage. Der Verbraucher hat immer die Kosten der Rücksendung zu erstatten. Auch die Regelungen zum Wertersatz werden erheblich vereinfacht.

Ebenfalls positiv ist eine Neuregelung bzw. Erweiterung der Gründe, bei denen der Verbraucher kein Widerrufsrecht hat:

Hierbei handelt es sich einmal um Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.

Die spannende Frage ist, welche Produkte hierunter fallen werden. Ob Schuhe oder Unterwäsche vom Widerrufsrecht ausgeschlossen sein werden, wird in ein paar Jahren die Rechtsprechung klären müssen.

Ein Widerrufsrecht besteht auch nicht mehr bei der Lieferung von Waren, die nach der Lieferung aufgrund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt werden.

Auch nicht ganz unwichtig ist eine Regelung, dass bei dringenden Reparaturen, zu denen der Verbraucher telefonisch aufgefordert hat, kein Widerrufsrecht besteht. Zurzeit ist es so, dass der Umstand, mit einem Handwerker telefonisch einen Termin, bspw. zu einer Heizungsreparatur zu vereinbaren, eigentlich einen Fernabsatzvertrag darstellt, mit der Folge, dass ein Widerrufsrecht besteht.

Bisher hat sich, so unser Eindruck, in der Praxis darum kaum einer gekümmert, zukünftig wird dies nicht mehr nötig sein.

Auch bei Downloads wird ein Widerrufsrecht ausgeschlossen sein.

Wir wissen aus unserer Beratungspraxis, dass insbesondere der Ausschlussgrund Hygiene-Produkte in der Praxis eine wesentliche Rolle spielt.

Was auf dem ersten Blick einfach klingt, ist es unter Umständen in der Praxis nicht: Wir sehen bei der konkreten Gestaltung der Widerrufsbelehrung leider erhebliche Probleme auf den Handel zukommen.

Während im Übrigen nach aktueller Rechtslage bei nicht ordnungsgemäßer Information über das Widerrufsrecht die Widerrufsfrist quasi ewig lief, ist sie zukünftig auf den bizarren Zeitraum 12 Monate und 14 Tage nach dem Fristbeginn begrenzt.

Die Entmündigung des Verbrauchers durch das EU-Recht schreitet insofern voran, als dass dem Verbraucher nunmehr ein Formular zur Verfügung gestellt wird, mit dem er sein Widerrufsrecht ausüben kann, er muss das Formular jedoch nicht verwenden.

Eine Hoffnung für den Internethandel ist jedenfalls der Umstand, dass, wenn diese wiederum sehr weitreichende Gesetzesänderung “durch ist”, hoffentlich die erheblichen Rechtsänderungen im Jahrestakt, die eine Änderung von Shop-Systemen oder rechtlichen Informationen notwendig machte, endlich ein Ende haben wird.

Stand: 25.10.2012

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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