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Ähnlich oder identisch:

Wie neue Marken älteren Marken in die Quere kommen können

Wer eine neue Marke einführt, die Ähnlichkeiten zu einer bereits bestehenden Marke aufweist, riskiert eine Abmahnung. Auf Grund der immensen Kosten für die Bekanntmachung einer Marke am Markt wachen viele Markeninhaber mit Argusaugen über ihre Markenrechte.

In welchen Fällen eine bestehende Marke Schutz  gegen eine neue Marke gewährt wird

Das Markengesetz bezweckt einen möglichst umfassenden Schutz der Marke. Aus diesem Grunde wird die Marke in sehr unterschiedlichen Fallkonstellationen gegen Beeinträchtigungen geschützt. Dabei sind 5 Fälle zu unterscheiden:

1. Die neue Marke ist identisch mit der bereits bestehenden Marke und wird für das gleiche Produkt benutzt.

2. Die neue Marke ist mit der bereits bestehenden Marke identisch und wird für ein ähnliches Produkt benutzt, so dass es zu Verwechslungen kommen kann.

3. Die neue Marke ist der bereits bestehenden Marke ähnlich und wird für ein gleiches Produkt benutzt, so dass es zu Verwechslungen kommen kann.

4. Die neue Marke ist der bereits bestehenden Marke ähnlich und wird für ein ähnliches Produkt benutzt, so dass es zu Verwechslungen kommen kann.

5. Die neue Marke ist mit einer im Inland bekannten Marke identisch oder ähnlich, wird aber für ein gänzlich anderes Produkt benutzt. Selbst wenn in diesem Fall keine Verwechslungsgefahr besteht, kann gegen die Benutzung der neuen Marke vorgegangen werden, wenn die neue Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bereits bestehenden bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.

Ob es sich bei den verwendeten Marken um identische Kennzeichen handelt oder ob identische Produkte angeboten werden, lässt sich noch relativ einfach feststellen. Zu problematischen Abgrenzungsfragen kann dagegen die Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen den verwendeten Marken oder den angebotenen Produkten führen.

Ähnlichkeit ist Gift für Marken

 

Die Hauptfunktion der Marke liegt nach Ansicht des europäischen Gerichtshofes in der Gewährleistung der Herkunft der gekennzeichneten Produkte gegenüber den Verbrauchern. Die Marke soll Gewähr dafür bieten, dass alle mit ihr bezeichneten Produkte aus dem Verantwortungsbereich eines einzigen Unternehmens kommen. Sind am Markt mehrere ähnliche Marken vorhanden, kann diese Funktion der Marke beeinträchtigt werden. Insoweit spielt es keine Rolle, ob die angesprochenen Verkehrskreise glauben könnten, dass die betreffenden Produkte aus dem selben oder aber auch nur aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Werden neue Marken am Markt eingeführt, die mit bereits bestehenden Marken ähnlich sind, so stellt dies eine erhebliche Gefahr für die Unterscheidungskraft der bereits bestehenden Marken dar. Werden unter dem neu eingeführten ähnlichen Marken vergleichbare Produkte minderer Qualität angeboten, so kann dies auf Grund von Verwechslungen und der daraus resultierenden Enttäuschungen  zu immensen Schäden für die Inhaber der bestehenden Marken führen. Vor diesem Hintergrund sollte möglichst frühzeitig und konsequent gegen neu eingeführte Marken vorgegangen werden, die auf Grund von Ähnlichkeiten zu bereits bestehenden Marken die Gefahr von Verwechslungen befürchten lassen.

Wann Verwechslungsgefahr auf Grund von Ähnlichkeit gegeben ist

Im Rahmen der Prüfung der Verwechslungsgefahr auf Grund von Ähnlichkeit sind nach Ansicht des europäischen Gerichtshofes alle relevanten Umstände des Einzelfalles umfassend zu beurteilen.

Besonderes Augenmerk muss auf die Zeichenähnlichkeit in Bild, Klang oder Bedeutung gelegt werden. Je ähnlicher sich die Marken in diesen Punkten sind, umso eher liegt eine Verwechslungsgefahr nahe. Dabei geht die Rechtsprechung davon aus, dass Verbraucher Marken nicht unmittelbar miteinander vergleichen, sondern sich in aller Regel an den Eindruck erinnern, den sie von einer bestimmten Marke haben. Entscheidend ist daher der Gesamteindruck einer Marke. Ist also eine Marke aufgrund der Verbindung von Schrift- und Bildelementen sehr aufwendig gestaltet, so können einzelne Gestaltungsdetails gegenüber dem Gesamteindruck in den Hintergrund treten. Anders kann dies bei Marken sein, die lediglich aus einem kurzen Begriff bestehen.

Klangliche Verwechslungsgefahr

Die Verwechslungsgefahr kann sich zunächst aus den ähnlichen Klang der betreffenden Marken ergeben. So hatte sich der Bundesgerichtshof bspw. mit der Frage auseinander zu setzen, ob zwischen den Marken Salvent und Salventerol klangliche Verwechslungsgefahr besteht. Im Ergebnis bejahte der Bundesgerichtshof die Ähnlichkeit im Klang unter anderem mit der Begründung, dass für den Gesamteindruck der Marken insbesondere der Wortanfang von Bedeutung ist, weil der Verkehr diesem regelmäßig größere Beachtung schenkt als Endsilben. Insbesondere bei sehr kurzen Wortmarken, bei denen Silbenanzahl und Sprechrhythmus übereinstimmen, wird eine klangliche Verwechslungsgefahr oftmals zu bejahen sein, wie bspw. bei den Marken Lior und Dior oder den Marken Brelan und Rilan. Dagegen verneinte der Bundesgerichtshof die Verwechslungsgefahr zwischen den Marken Ketof und Etop, weil es sich bei den entsprechenden Produkten um verschreibungspflichtige Arzneimittel handele und die mit den Begriffen angesprochenen Ärzte bei üblicher Sorgfalt die verschiedenen Produkte aufgrund unterschiedlicher Anwendungsgebiete nicht verwechseln würden. Zum Teil müssen in die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Markenbestandteile mit einbezogen werden. So verneinte das Bundespatentgericht die Verwechslungsgefahr zwischen den Marken Babalu und Baluba unter Hinweis darauf, dass der Gesamteindruck des Zeichens Baluba durch die bildliche Darstellung eines Trommlers mitgeprägt wird. Verwechselbar sind dagegen nach Ansicht des Bundesgerichtshofes die Marken Honka und Eurohonka Blockhäuser, weil die beschreibende Angabe Blockhäuser in der beanspruchten Warengruppe “transportable Holzhäuser” außer Betracht bleiben muss und die Abkürzung “Euro” lediglich als ein Hinweis auf die europaweite Verbreitung der Ware oder die europaweite Geschäftstätigkeit des Markeninhabers gedeutet wird.

Bildliche Verwechslungsgefahr

Neben der klanglichen Verwechslungsgefahr kann unter Umständen eine bildliche Verwechslungsgefahr gegeben sein, wenn ähnliche bildliche Darstellungen benutzt werden. Allein die Gleichheit des Motivs, also eine Übereinstimmung der bildlichen Darstellung dem Sinn nach, reicht jedoch nicht aus. Eine bildliche Verwechslungsgefahr lag daher nicht vor bei zwei Mühlen-Darstellungen, von denen die eine die naturgetreue Wiedergabe einer Mühle zeigte und bei der anderen die Flügel als sich kreuzende Würste verfremdet waren. In die Beurteilung floss auch mit ein, dass die Mühle im Lebensmittelbereich ein beliebtes Motiv darstellt. Je häufiger aber ein bestimmtes Motiv für einschlägige Waren eingesetzt wird, umso weniger ist es geeignet, die Produkte voneinander zu unterscheiden. Vor diesem Hintergrund sollte genau abgewogen werden, was für ein Motiv in die Marke mit eingebunden werden soll. Im Uhren- und Schmuckbereich sind bspw. Anker-Darstellungen sehr beliebt, im Bekleidungssektor dagegen Löwen-Darstellungen. Generell wird sehr gern auf das Motiv einer Krone zurückgegriffen, um die Qualität des eigenen Produktes zu betonen.

Begriffliche Verwechslungsgefahr

Schwer zu beurteilende Abgrenzungsfragen stellen sich auch bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr in solchen Fällen, in denen die gegenüberstehenden Marken lediglich dem Sinn nach miteinander in Verbindung gebracht werden können. So entschied bspw. der Bundesgerichtshof, dass die Zeichen Zwilling und Zweibrüder sich nach ihrem Sinngehalt nicht so nahe stehen, dass eine Verwechslungsgefahr gegeben ist. Zur Begründung führte der Bundesgerichtshof aus, dass die Bezeichnung Zweibrüder nahe lege, dass es sich gerade nicht um Zwillinge handele, weil anderenfalls die genaueren und geläufigeren Bezeichnungen Zwillinge oder Zwillingsbrüder benutzt werden. Bejaht hat das Bundespatentgericht dagegen eine begriffliche Verwechslungsgefahr zwischen den Bezeichnungen Rebenfreund und Traubenfreund. Zur Begründung wies das Bundespatentgericht darauf hin, dass der Durchschnittsverbraucher zwischen Reben als Bezeichnung der Weinpflanze und Trauben als Angabe für die Früchte der Weinpflanze kaum einen Unterschied mache. Aufgrund des zumeist ungenauen Erinnerungsbildes sei daher eine Verwechslungsgefahr anzunehmen.   

Wann Verwechslungsgefahr auf Grund von Ähnlichkeit bei den angebotenen Produkten gegeben ist

Bei der Beurteilung in der Ähnlichkeit zwischen den angebotenen Produkten sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Produkten kennzeichnen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere danach zu fragen, um was für eine Art von Waren bzw. Dienstleistungen es sich handelt. Von besonderer Bedeutung ist auch, ob es sich um konkurrierende oder einander ergänzende Waren bzw. Dienstleistungen handelt. Verneint worden ist bspw. die Warenähnlichkeit zwischen Teigwaren sowie der zugehörenden Soßen einerseits und Weinen, Schaumweinen, Spirituosen und Likören andererseits. Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass die Waren aus unterschiedlichen Betrieben stammen und aus verschiedenen Stoffen bestehen. Darüber hinaus seien andere Verpackungen gebräuchlich und es erfolge auch kein Verkauf im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang. Warenidentität wurden dagegen angenommen für aus Getreide hergestellte Frühstücksspeisen einerseits und knapper Artikel andererseits. Teilweise Identität bzw. teilweise Ähnlichkeit hinsichtlich der angebotenen Waren und Dienstleistungen wurde angenommen für Waren und Dienstleistungen in Zusammenhang mit Telekommunikation und Datenverarbeitung einerseits und für Computer und Online- und Telekommunikationsdienstleistungen andererseits.

Selbstverständlich kann die Prüfung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit nicht losgelöst von der Prüfung der Zeichenähnlichkeit der betreffenden Marken erfolgen. Insoweit besteht eine Wechselbeziehung, die je nach den Umständen des Einzelfalles zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann.

Fazit

In die Prüfung der Verwechslungsgefahr fließen eine Reihe unterschiedlicher Gesichtspunkte mit ein, die einer Wechselbeziehung zueinander stehen. Die Verwechslungsgefahr ist daher stets unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Ist Verwechslungsgefahr zu bejahen, sollte frühzeitig und konsequent reagiert werden.

Lassen Sie sich daher beraten!

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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