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Verwirkt ein Verbraucher sein Widerrufsrecht, wenn er die Ware nicht zeitnah zurücksendet? (AG Bielefeld)

Aus der Beratungspraxis wissen wir, dass es im Falle eines Widerrufes immer wieder zu Problemen mit der Rücksendung der Ware kommt. Bislang ungeklärt war die Frage, wie lange der Verkäufer eigentlich warten muss, bis er die Ware zurückerhält. Das Amtsgericht Bielefeld (Beschluss vom 20.08.2008, Az.: 15 C 297/08) hatte sich nun mit einem derartigen Fall zu beschäftigen. Hintergrund war, dass ein Verbraucher am 24.08.2007 seinen Widerruf per Email erklärt hatte. Der Verkäufer hatte mit Mail vom 05.09.2007 dem Verbraucher mitgeteilt, dass dieser die übersandte Paketmarke auch noch nach drei Tagen nutzen könnte. Daraufhin erfolgte vom Verbraucher ein halbes Jahr keine Reaktion mehr. Der Käufer meldete sich erstmals wieder am 26.02.2008 beim Käufer per Email.

Nach Ansicht des Amtsgerichtes hat der Käufer dadurch sein Widerrufsrecht verwirkt. Ein Recht ist dann verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten sich auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde.

Mit anderen Worten:

Wenn längere Zeit nicht reagiert wird, kann der gesamte Vorgang zu den Akten gelegt werden.

Nach Ansicht des Amtsgerichtes Bielefeld hatte der Verbraucher sein Widerrufsrecht verwirkt, da er nicht innerhalb eines halben Jahres die Ware auf Grund des Widerrufes zurückgesandt hatte. Insofern heißt es in der Entscheidung: “Die Beklagte durfte zurecht davon ausgehen, dass sie das Klima-Gerät zeitnah im Zusammenhang mit dem erklärten Widerruf Zug um Zug gegen Erstattung des Kaufpreises zurückerhalten würde. Indem der Kläger fast ein halbes Jahr nicht reagiert  hat, hat er das ihm zustehende Recht auf Rückabwicklung des Kaufvertrages verwirkt.”

Die Entscheidung des Amtsgerichtes Bielefeld ist eher als Einzelfallentscheidung zu werten. Bereits nach einem halben Jahr nach Absenden des Widerrufs eine Verwirkung anzunehmen, wenn die Ware nicht zurückgesandt wird, halten wir für problematisch.

Nach der Rechtsprechung ist für die Frage der Verwirkung Art und Bedeutung des Anspruches und der Vertrauenstatbestand zu berücksichtigen. Inwieweit allein auf Grund der Nichtreaktion des Verbrauchers der Internethändler darauf schließen kann, der Verbraucher würde die Ware ggf. doch  behalten wollen, halten wir für zweifelhaft. Nach unserer Auffassung ist diese gerichtliche Entscheidung nicht geeignet, mehr Klarheit in die Frage zu bringen, was mit Internet-Kaufverträgen passiert, bei denen der Verbraucher im Falle des Widerrufes die Ware nicht zeitnah zurücksendet.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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