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Weitreichend: Müssen Information nach HCVO auf der Verpackung von einem Nahrungsergänzungsmittel auch in die Werbung?

Bei der Bewerbung von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) gibt es immer wieder Probleme mit der Health Claims Verordnung (HCVO, Verordnung (EG) Nr. 19/24 /2006).

Häufig geht es um die Nutzung von Health Claims, die nicht zugelassen sind. Insbesondere Abmahnvereine, wie z.B. der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. oder der VGU, Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln e.V. haben sich auf derartige Abmahnungen „spezialisiert“.

Vorlage des BGH zum EuGH: Müssen Informationen gemäß Art. 10 Abs. 2 HCVO, mit der das Lebensmittel gekennzeichnet ist, auch in die Werbung?

Der Bundesgerichtshof (BGH-Beschluss von 26.09.2024, Az. I ZR 130/23 „Gesund Gewicht verlieren“) hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine weitreichende Frage mit der Bitte um Klärung vorgelegt:

In dem Verfahren geht es um den Vertrieb eines Nahrungsergänzungsmittels. Der klagende Abmahnverein verlangt, dass wenn ein Nahrungsergänzungsmittel mit gesundheitsbezogenen Angaben beworben wird, dass auch in der Werbung ein Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise aufgenommen wird.

Diese Information war auf der Verpackung des Nahrungsergänzungsmittels enthalten, nicht jedoch in einer Werbung für dieses Produkt.

Rechtlicher Hintergrund

Das Lebensmittel selber, bzw. seine Verpackung muss, wenn es gesundheitsbezogene Angaben gibt, ganz grundsätzlich zusätzlich noch folgende Informationen gemäß Art. 10 Abs. 2 HCVO tragen:

(2) Gesundheitsbezogene Angaben dürfen nur gemacht werden,

wenn die Kennzeichnung oder, falls diese Kennzeichnung

fehlt, die Aufmachung der Lebensmittel und die Lebensmittelwerbung

folgende Informationen tragen:

a) einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen

und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise,

b) Informationen zur Menge des Lebensmittels und zum Verzehrmuster,

die erforderlich sind, um die behauptete positive

Wirkung zu erzielen,

c) gegebenenfalls einen Hinweis an Personen, die es vermeiden

sollten, dieses Lebensmittel zu verzehren, und

d) einen geeigneten Warnhinweis bei Produkten, die bei übermäßigem

Verzehr eine Gesundheitsgefahr darstellen könnten.

Im vorliegenden Fall geht es ganz konkret um die Informationen (gemäß Art. 10 Abs. 2 a) der HCVO:

Einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise

Was der BGH vor dem EuGH klären möchte

Inhaltlich geht es um die Frage der Auslegung von Art. 10 Abs. 2 HCVO. Je nachdem, wie der EuGH entscheidet, können somit auch noch die weiteren Informationspflichten auf der Verpackung gemäß § 10 Abs. 2 HCVO zukünftig zwingender Bestandteil der Bewerbung von Nahrungsergänzungsmitteln werden, insbesondere im Internet.

Das Produkt wurde zum Nahrungsergänzungsmittel in Rechtssinne, da es mit der Aussage „gesund Gewicht verlieren“ beworben wurde.

Rechtlich geht es um die Frage, ob die Verpflichtung zur Kennzeichnung (am Produkt) auch die Verpflichtung zur „Kennzeichnung“ in der Werbung umfasst. Auf der EU-Ebene wurde in der Vergangenheit zwischen „Kennzeichnung“ und „Werbung“ unterschieden. Die Tendenz des BGH ist klar: In dem Vorlage-Beschluss spricht sich der BGH dafür aus, die Verpflichtung der Produktkennzeichnung auch in die Werbung mit zu übernehmen, da im Online-Handel die Verpackung des Lebensmittels für die Kaufentscheidung des Verbrauchers nur eine untergeordnete Rolle spiele. Das angestrebte hohe Verbraucherschutzniveau könne daher nur dann erreicht werden, wenn diese Informationen auch in der Werbung selbst erteilt werden.

Rechtsfolgen

Wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch völlig unklar. Sollte der EuGH annehmen, dass die Informationen auf der Verpackung gemäß § 10 Abs. 2 HCVO auch in der Werbung mit darzustellen sind, hätte dies weitreichende Folgen: Die Werbung für Nahrungsergänzungsmittel müsste unverzüglich um diese Informationen ergänzt werden. Dies werden viele Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln wahrscheinlich nicht mitbekommen, die üblichen Abmahnvereine (siehe oben) werden dies zum Gegenstand einer Abmahnung machen.

Wer Nahrungsergänzungsmittel anbietet und bewirbt, sollte daher dieses Verfahren in Hinterkopf behalten.

Wir werden Sie an dieser Stelle über das Ergebnis informieren.

Wir beraten Sie bei einer Abmahnung wegen Verstoß gegen die HCVO.

Stand: 14.10.2024

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke