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Produktsicherheitsverordnung/GPSR: So schnell werden Sie als Verkäufer zum Hersteller eines Verbraucherproduktes

Zum 13.12.2024 tritt die Produktsicherheitsverordnung (General Product Safety Regulation – GPSR) in Kraft. Konkret geht es um die

VERORDNUNG (EU) 2023/988 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 10. Mai 2023 über die allgemeine Produktsicherheit, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie (EU) 2020/1828 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 87/357/EWG des Rates) .

Bei der Produktsicherheitsverordnung geht es um die Produktsicherheit von sogenannten Verbraucherprodukten. In die Pflicht genommen werden insbesondere die Hersteller von Verbraucherprodukten.

Nach unserem Eindruck ist Vielen nicht klar, wie schnell man auch als Verkäufer Hersteller im Sinne der Produktsicherheitsverordnung werden kann.

Wer ist Hersteller?

Die Definition des Herstellers ergibt sich aus Artikel 3 Nr. 8 GPSR:

„Hersteller“ ist jede natürliche oder juristische Person, die ein Produkt herstellt oder entwerfen oder herstellen lässt und dieses Produkt in ihrem eigenen Namen oder unter ihrer eigenen Handelsmarke vermarktet.

Der Hersteller kann somit zunächst der Produzent sein, d. h. das Unternehmen, das das Produkt tatsächlich produziert.

Hersteller kann jedoch auch ein Unternehmen sein, dass ein Produkt durch Dritte produzieren lässt, z.B. in Asien.

Vermarktung im eigenen Namen oder unter eigener Handelsmarke

Gerade viele Internethändler versehen Produkte, die sie bei Dritten einkaufen, z.B. in China, mit ihrer eigenen Marke. Man spricht auch von White Label. White-Label-Produkte sind Produkte eines Herstellers, die nicht unter dessen eigener Marke, sondern als (scheinbares) Produkt eines anderen Herstellers bzw. Händlers unter einer anderen Marke verkauft werden.

Mit „Handelsmarke“ ist nicht nur eine eingetragene Marke, sei es eine deutsche Marke oder eine Unionsmarke gemeint. Ob tatsächlich eine Marke eingetragen ist, ist gar nicht entscheidend. Wichtig ist vielmehr, ob das Produkt unter quasi einem eigenen Namen vermarktet wird. Die Regelung ist im Übrigen nicht neu, auch aktuell ist es ist § 2 Nr. 15 Produktsicherheitsgesetz so, dass derjenige Hersteller ist, 

der   geschäftsmäßig seinen Namen, seine Handelsmarke oder ein anderes unterscheidungskräftiges Kennzeichen an einem Produkt anbringt und sich dadurch als Hersteller ausgibt.

Eine Herstellereigenschaft kann sich gegebenenfalls schon aus dem Artikeltext eines Internetangebotes ergeben, unabhängig davon, ob das Produkt tatsächlich mit der Marke gekennzeichnet ist oder nicht.

Herstellereigenschaft durch Produktveränderung

Artikel 13 Produktsicherheitsverordnung regelt, dass man auch dann zum Hersteller wird, wenn

das Produkt wesentlich verändert wird, sofern sich die wesentliche Änderung auf die Sicherheit des Produkts auswirkt. Für den von der Änderung betroffenen Teil des Produkts oder für das gesamte Produkt unterliegt dieser Hersteller den Pflichten des Herstellers nach Artikel 9.

Zur Änderung eines Produktes regelt Artikel 13 Abs. 3:

Eine physische oder digitale Änderung eines Produkts gilt als wesentlich, wenn sie sich auf die Sicherheit des Produkts auswirkt und die folgenden Kriterien erfüllt sind:

  1. Durch die Änderung wird das Produkt in einer Weise verändert, die in der ursprünglichen Risikobewertung des Produkts nicht vorgesehen war;
  2. aufgrund der Änderung hat sich die Art der Gefahr geändert, ist eine neue Gefahr entstanden oder hat sich das Risikoniveau erhöht; und
  3. die Änderungen wurden nicht von den Verbrauchern selbst oder in ihrem Auftrag für ihren eigenen Bedarf vorgenommen.

Auch diese Regelung ist nicht neu. § 2 Nr. 15 b) des Produktsicherheitsgesetzes regelt, dass auch diejenige Hersteller sind, die ein Produkt wieder aufarbeiten oder Sicherheitseigenschaften eines Verbraucherproduktes beeinflussen und dieses anschließend auf dem Markt bereitstellt.

Wer somit ein Produkt erheblich verändert, in dem z.B. aus einem alten Bierfass ein Grill hergestellt wird, wird rechtlich gesehen zum Hersteller.

An dieser Stelle geht es in erster Linie darum, wie schnell man zum Hersteller wird.

Die rechtlichen Verpflichtungen von Herstellern sind weitreichend:

Rechtliche Verpflichtungen von Herstellern nach Produktsicherheitsverordnung

Lediglich um einen ersten Eindruck zu verschaffen nachfolgend die Verpflichtungen der Hersteller aus Artikel 9 GPSR:

Artikel 9

Pflichten der Hersteller

(1) Wenn Hersteller ihre Produkte in Verkehr bringen, gewährleisten sie, dass diese Produkte im Einklang mit dem allgemeinen Sicherheitsgebot gemäß Artikel 5 entworfen und hergestellt wurden.

(2) Bevor sie ihre Produkte in Verkehr bringen, führen die Hersteller eine interne Risikoanalyse durch und erstellen technische Unterlagen, die mindestens eine allgemeine Beschreibung des Produkts und seiner für die Bewertung seiner Sicherheit relevanten wesentlichen Eigenschaften enthalten.

Sofern dies angesichts der möglicherweise mit dem Produkt verbundenen Risiken angemessen ist, umfassen die in Unterabsatz 1 genannten technischen Unterlagen, soweit anwendbar, außerdem

a) eine Analyse der möglicherweise mit dem Produkt verbundenen Risiken und der gewählten Lösungen zur Beseitigung oder Minderung dieser Risiken, einschließlich der Ergebnisse aller Berichte über Tests, die der Hersteller durchgeführt hat oder von einem Dritten hat durchführen lassen, und

b) eine Aufstellung aller einschlägigen europäischen Normen nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a und der anderen Elemente nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b oder Artikel 8, die angewandt wurden, um dem allgemeinen Sicherheitsgebot gemäß Artikel 5 zu entsprechen.

Falls europäische Normen, Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen oder Elemente nach Artikel 7 Absatz 1 oder Artikel 8 nur teilweise angewandt wurden, so müssen Hersteller angeben, welche Teile angewandt wurden.

(3) Die Hersteller stellen sicher, dass die in Absatz 2 genannten technischen Unterlagen auf dem neuesten Stand sind. Sie halten diese Unterlagen für einen Zeitraum von zehn Jahren ab dem Inverkehrbringen des Produkts für die Marktüberwachungsbehörden bereit und stellen die Unterlagen diesen Behörden auf Verlangen zur Verfügung.

(4) Die Hersteller stellen durch geeignete Verfahren sicher, dass bei in Serie gefertigten Produkten stets die Konformität mit dem allgemeinen Sicherheitsgebot gemäß Artikel 5 gewährleistet ist.

(5) Die Hersteller gewährleisten, dass ihre Produkte eine Typen-, Chargen- oder Seriennummer oder ein anderes für Verbraucher leicht erkennbares und lesbares Element zu ihrer Identifizierung tragen oder, falls dies aufgrund der Größe oder Art des Produkts nicht möglich ist, dass die erforderlichen Informationen auf der Verpackung oder in einer dem Produkt beigefügten Unterlage angegeben werden.

(6) Die Hersteller geben ihren Namen, ihren eingetragenen Handelsnamen oder ihre eingetragene Handelsmarke, ihre Postanschrift und ihre E-Mail-Adresse sowie, falls abweichend, die Postanschrift oder die E-Mail-Adresse der zentralen Anlaufstelle an, unter der sie kontaktiert werden können. Diese Informationen werden auf dem Produkt selbst oder, wenn dies nicht möglich ist, auf der Verpackung oder in einer dem Produkt beigefügten Unterlage angebracht.

(7) Die Hersteller gewährleisten, dass ihrem Produkt klare Anweisungen und Sicherheitsinformationen in einer Sprache beigefügt sind, die für die Verbraucher leicht verständlich ist und die der Mitgliedstaat festlegt, in dem das Produkt auf dem Markt bereitgestellt wird. Diese Anforderung gilt nicht, wenn das Produkt auch ohne solche Anweisungen und Sicherheitsinformationen sicher und wie vom Hersteller vorgesehen verwendet werden kann.

(8) Wenn ein Hersteller aufgrund der ihm vorliegenden Informationen der Auffassung ist oder Grund zu der Annahme hat, dass ein von ihm in Verkehr gebrachtes Produkt ein gefährliches Produkt ist, so verfährt der Hersteller unverzüglich wie folgt:

a) Er ergreift die erforderlichen Korrekturmaßnahmen, um die Konformität des Produkts auf wirksame Weise herzustellen, wozu gegebenenfalls auch eine Rücknahme vom Markt oder ein Rückruf gehören können;

b) Er unterrichtet die Verbraucher gemäß Artikel 35 oder 36 oder gemäß beiden Artikeln davon; und

c)  Er unterrichtet die Marktüberwachungsbehörden der Mitgliedstaaten, in denen das Produkt auf dem Markt bereitgestellt wurde, über das Safety-Business-Gateway davon.

Für die Zwecke des Unterabsatzes 1 Buchstaben b und c macht der Hersteller insbesondere Angaben zum Risiko für die Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern und zu etwaigen bereits ergriffenen Korrekturmaßnahmen sowie, falls verfügbar, zur nach Mitgliedstaat aufgeschlüsselten Anzahl an noch auf dem Markt befindlichen Produkten.

(9) Die Kommission stellt sicher, dass die Informationen, die zur Warnung der Verbraucher bestimmt sind, durch die Hersteller über das Safety-Business-Gateway zur Verfügung gestellt werden können und dass sie den Verbrauchern über das Safety-Gate-Portal unverzüglich zugänglich gemacht werden.

(10) Die Hersteller stellen sicher, dass andere Wirtschaftsakteure, verantwortliche Personen und Anbieter von Online- Marktplätzen in der betreffenden Lieferkette rechtzeitig über alle von ihnen festgestellten Sicherheitsprobleme auf dem Laufenden gehalten werden.

(11) Die Hersteller richten — unter Berücksichtigung der Zugänglichkeitsbedürfnisse von Menschen mit Behinderungen — öffentlich zugängliche Kommunikationskanäle, wie etwa Telefonnummern, E-Mail-Adressen oder spezielle Rubriken auf ihrer Website ein, die es den Verbrauchern ermöglichen, Beschwerden einzureichen und die Hersteller über alle im Zusammenhang mit einem Produkt aufgetretenen Unfälle oder Sicherheitsprobleme zu informieren.

(12) Die Hersteller untersuchen eingereichte Beschwerden und erhaltene Informationen über Unfälle, die die Sicherheit von Produkten betreffen, die sie auf dem Markt bereitgestellt haben und die vom Beschwerdeführer als gefährlich bezeichnet wurden, und führen ein internes Verzeichnis dieser Beschwerden sowie der Produktrückrufe und etwaiger Korrekturmaßnahmen, die ergriffen wurden, um die Konformität des Produkts herzustellen.

(13) Im internen Beschwerdeverzeichnis werden lediglich diejenigen personenbezogenen Daten gespeichert, die der Hersteller benötigt, um die Beschwerde über ein mutmaßlich gefährliches Produkt prüfen zu können. Diese Daten werden nur so lange gespeichert, wie dies für die Zwecke der Prüfung erforderlich ist, und auf keinen Fall länger als fünf Jahre nach der Eingabe der Daten.

Diese Regelungen und Vorgaben für Hersteller sind nicht abschließend.

Risiko Herstellereigenschaft

Die Produktsicherheitsverordnung nimmt gerade die Hersteller extrem in die Pflicht, beginnend bei einer Risikoanalyse eines Verbraucherproduktes, umfangreichen Kennzeichnungsverpflichtungen des Produkts, seiner Begleitpapiere oder der Verpackung sowie Reaktionsverpflichtungen, wenn es mit einem Produkt ein Sicherheitsproblem geben sollte. White Labeling, d. h. das Versehen eines Produktes mit einer eigenen Marke und nichts weiter, ist somit ab dem 13.12.2024 mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Dies gilt nicht nur für eine ordnungsgemäße Kennzeichnung, sondern auch für die ganz konkrete Verantwortung für das Produkt, Dokumentationspflichten sowie vorgeschriebene Abläufe bei Problemen mit der Produktsicherheit.

Wir bitten um Verständnis, dass wir Sie zu konkreten Herstellerverpflichtungen leider nicht beraten können. Gern empfehlen wir Ihnen ein darauf spezialisiertes Beratungsunternehmen.

Wir beraten Sie zur konkreten Umsetzung der Informationspflichten für Internethändler im Rahmen der Produktsicherheitsverordnung zum 13.12.2024

Ich berate Sie gerne konkret zur Umsetzung der Produktsicherheitsverordnung bei Internetangeboten zum 13.12.2024, u.a. zu folgenden Aspekten:

  • Für welche Produkte gilt die Produktsicherheitsverordnung konkret, welche Ausnahmen gibt es?
  • Was ist beim Angebot von gebrauchten Produkten oder Antiquitäten zu beachten?
  • Welche Prüfpflichten haben Sie als Verkäufer, bevor Sie ein Verbraucherprodukt zum Verkauf anbieten dürfen?
  • Welche Informationen müssen Sie bei einem Internetangebot eines Verbraucherproduktes konkret darstellen?
  • Was ist die „verantwortliche Person“?
  • Was ist bei der Produktidentifikation zu beachten?
  • Was müssen Sie beachten, wenn Warnhinweise und Sicherheitsinformationen darzustellen sind?
  • Welche Aspekte müssen bei einem EU-weiten Versand beachtet werden?
  • Wie sollten die notwendigen Informationen in einem Internetshop dargestellt werden?
  • Was ist zu beachten, wenn ein Produkt bereits auf der Artikelübersichtsseite in den Warenkorb gelegt werden kann?
  • Welche Verpflichtungen haben Verkaufsplattformen wie eBay, Amazon oder Kaufland?
  • Welche Sanktionen drohen bei der Nichteinhaltung der Informationspflichten nach Produktsicherheitsverordnung?

Fragen zur Produktsicherheitsverordnung/GPSR für Internethändler?

Rufen Sie einfach an oder schicken Sie mir eine Email.

Stand: 06.09.2024

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard