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Ab 01.01.2025:  Abgabegespräch vorgeschrieben vor dem Verkauf von bestimmten Bioziden über das Internet nach ChemBiozidDV

Biozidprodukte unterliegen bereits jetzt bei einem Angebot über das Internet bestimmten rechtlichen Vorgaben.

So ist in der Werbung hervorgehoben nach der EU-Verordnung 528/2012, dort Art. 72, folgender deutlicher Hinweis anzuzeigen:

„Biozidprodukte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformation lesen“

Des Weiteren ist die Registernummer der Bundesstelle für Chemikalien im Angebot anzugeben. Es kann ferner Verpflichtungen geben, CLP-Hinweise in das Angebot mit aufzunehmen.

Ab dem 01.01.2025 treten besondere Vorgaben der „Verordnung über die Meldung und die Abgabe von Biozidprodukten sowie zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 528/2002 (Biozid-Durchführungsverordnung – ChemBiozidDV in Kraft. 

Bei bestimmten Biozidprodukten muss sichergestellt werden, dass vor Abschluss des Kaufvertrages die Einhaltung der persönlichen Anforderungen nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 ChemBiozidDV durch eine sachkundige Person überprüft wird und ein sogenanntes Abgabegespräch erfolgt.

Für welche Biozidprodukte gelten diese Anforderungen?

Die neuen Vorgaben gelten für Biozidprodukte nach § 10 Abs. 2 und § 11 Abs. 2 ChemBiozidDV, dort Anhang 5 der Biozidverordnung:

  • Biozidprodukte, wenn eine oder mehrere Verwendungen dieser Produkte gemäß der durch die Zulassung vorgegebenen Kennzeichnung nicht durch die breite Öffentlichkeit gestattet sind,
  • Beschichtungsschutzmittel, Produktart 7,
  • Holzschutzmittel, Produktart 8,
  • Schutzmittel für Baumaterialien, Produktart 10,
  • Rodentizide, Produktart 14,
  • Insektizide, Akarizide und Produkte gegen andere Arthropoden (Produkte zur Bekämpfung von Arthropoden [z.B.Insekten, Spinnentiere und Schalentiere] durch andere Mittel als Fernhaltung oder Köderung), Produktart 18,
  • Antifouling-Produkte (Produkte zur Bekämpfung des Wachstums und der Ansiedlung von bewuchsbildenden Organismen [Mikroben und höhere Pflanzen- und Tierarten] an Wasserfahrzeugen, Ausrüstung für die Aquakultur und anderen im Wasser eingesetzten Bauten), Produktart 21.

Die neuen Voraussetzungen gelten nicht für Biozidprdukte, die nach Artikel 25 Biozid-VO im vereinfachten Zulassungsverfahren zugelassen wurden, so auch § 10 Abs. 3 Satz ChemBiozidDV.

Derartige Biozidprodukte sind nach unserer Kenntnis an der Zulassungsnummer Registernummer der Bundesstelle für Chemikalien erkennbar, die im Angebot angegeben werden muss.

Abgabegespräch durch sachkundige Person vor Abschluss des Kauvertrages

Für die Abgabe ist eine Sachkunde erforderlich gemäß § 13 ChemBiozidDV.

§ 13 Sachkunde für die Abgabe

(1) Sachkundig nach § 11 für die Abgabe von Biozid-Produkten ist, wer die Anforderungen erfüllt nach:

1.    § 11 Absatz 1 Nummer 1 und 2, auch in Verbindung mit Absatz 3, der Chemikalien-Verbotsverordnung vom 20. Januar 2017 (BGBl. I S. 94; 2018 I S. 1389), die zuletzt durch Artikel 300 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, sofern die Sachkunde auch die Abgabe von Biozid-Produkten abdeckt,

2.    § 9 Absatz 1 Nummer 4 des Pflanzenschutzgesetzes vom 6. Februar 2012 (BGBl. I S. 148, 1281), das zuletzt durch Artikel 19 des Gesetzes vom 27. Juli 2021 (BGBl. I S. 3146) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, in Verbindung mit der Pflanzenschutz-Sachkundeverordnung vom 27. Juni 2013 (BGBl. I S. 1953), die zuletzt durch Artikel 376 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, sofern nachgewiesen werden kann, dass eine Fortbildungsveranstaltung nach § 11 Absatz 1 Nummer 2 der Chemikalien-Verbotsverordnung, die Kenntnisse über Biozid-Produkte vermittelt, erstmalig oder wiederholt besucht wurde und diese nicht länger als den in § 11 Absatz 1 Nummer 2 der Chemikalien-Verbotsverordnung jeweils genannten Zeitraum zurückliegt oder

3.    § 15c Absatz 3 in Verbindung mit Anhang I Nummer 4.4 der Gefahrstoffverordnung vom 26. November 2010 (BGBl. I S. 1643, 1644), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 21. Juli 2021 (BGBl. I S. 3115) geändert worden ist, sofern sich die Sachkunde auf die Produktart bezieht, der das abgegebene Biozid-Produkt zuzuordnen ist.

(2) Nachweise über berufliche Qualifikationen oder erworbene Sachkunden, die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden sind, erfüllen die Anforderungen nach Absatz 1, soweit die für die Anerkennung der Gleichwertigkeit zuständige Behörde die Gleichwertigkeit festgestellt hat.

Inhalt des Abgabegespräches

Der Inhalt des Abgabegespräches ergibt sich aus § 11 Abs. 2 ChemBiozidDV:

§ 11 Anforderungen an die abgebende Person, Abgabegespräch

(1) Biozid-Produkte nach § 10 Absatz 1 dürfen nur von einer im Betrieb beschäftigten Person abgegeben werden, die die Anforderungen an die Sachkunde nach § 13 erfüllt.

(2) Biozid-Produkte nach § 10 Absatz 1 dürfen nur abgegeben werden, wenn

1.    der abgebenden Person bekannt ist oder sie sich vom Erwerber hat bestätigen oder durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachweisen lassen, dass dieser zu der in der Zulassung genannten Verwenderkategorie gehört und die Biozid-Produkte in bestimmungsgemäßer und sachgerechter Weise verwenden will,

2.    im Falle von Biozid-Produkten nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 die abgebende Person den Erwerber im Rahmen eines Abgabegesprächs unterrichtet hat über

    a)  mögliche präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von Schadorganismen sowie mögliche alternative Maßnahmen mit geringem Risiko,

    b)  die bestimmungsgemäße und sachgerechte Anwendung des Biozid-Produkts gemäß der Gebrauchsanweisung, insbesondere über Verbote und Beschränkungen,

    c) die mit der Verwendung des Biozid-Produkts verbundenen Risiken und mögliche Risikominderungsmaßnahmen,

    d) die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen beim bestimmungsgemäßen Gebrauch und für den Fall des unvorhergesehenen Verschüttens oder Freisetzens sowie

    e)   die sachgerechte Lagerung und ordnungsgemäße Entsorgung.

Ein Abgabegespräch ist nicht erforderlich, wenn eine oder mehrere Verwendungen des Produktes gemäß der durch die Zulassung vorgegebenen Kennzeichnung nicht durch die breite Öffentlichkeit gestattet ist.

Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 ChemBiozidDV ist ein Abgabegespräch ferner nicht erforderlich, wenn die abgebende Person bekannt ist, oder der Erwerber ihr durch Vorlage geeigneter Unterlagen glaubhaft macht, dass die Anwendung des Biozidprodukts in Ausübung der beruflichen Tätigkeit des Erwerbers erfolgt.

Voraussetzungen des Abgabegespräches im Onlinehandel

Die Anforderungen an die Abgabe im Online- und Versandhandel ergeben sich aus § 12 ChemBiozidDV:

Vor Abschluss des Kaufvertrages über das Biozidprodukt

  • muss die Einhaltung der Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Nr. 1 durch eine nach § 13 sachkundige Person überprüft werden und
  • ein fernmündliches oder per Videoübertragung geführtes Abgabegespräch mit dem Inhalt des § 11 Abs. 2 Nr. 2 ChemBiozidDV durch eine sachkundige Person erfolgen.

Umsetzung in der Praxis

Das  Abgabegespräch durch die sachkundige Person muss vor Abschluss des Kaufvertrages erfolgen, und zwar entweder per Telefon oder durch eine Videoübertragung.

Da auf Verkaufsplattformen wie eBay oder Amazon quasi mit dem Absenden der Bestellung mit dem Käufer bereits ein Vertrag geschlossen wird, lassen sich die rechtlichen Vorgaben dort nach unserer Auffassung dort nicht umsetzen.

In einem Onlineshop kommt es darauf an, wie nach dem Absenden einer Bestellung mit dem Käufer ein Vertrag geschlossen wird:

Wenn bereits mit dem Absenden der Bestellung oder durch eine automatisierte Auftragsbestätigung, die nach dem Absenden der Bestellung versandt wird, ein Kaufvertrag zustande kommt, muss in irgendeiner Form gewährleistet werden, dass das Fachgespräch vorher geführt wird, anderenfalls die Bestellung gar nicht erst durchgeführt werden kann.

Eine andere Alternative können Shop-Gestaltungen sein, bei denen mit dem Absenden der Bestellung zwischen dem Shopbetreiber und dem Kunden noch kein Vertrag zustande kommt, sondern erst mit einer Auftragsbestätigung innerhalb der in den AGB genannten Fristen.

In diesem Fall könnte zusammen mit der Bestelleingangsbestätigungsmail (zu diesem Zeitpunkt gibt es dann noch keinen Vertrag) ein Fachgespräch vereinbart werden, die Auftragsbestätigung mit der Folge des Vertragsabschlusses erst versandt, wenn das Fachgespräch erfolgt ist.

Wir beraten Sie gerne konkret, wenn Sie Biozide über das Internet anbieten.

Stand: 10.09.2024

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard